Aufschieberitis kennen wir doch alle – gerade bei unliebsamen Aufgaben. Aber warum schieben wir Aufgaben gerne auf? Ist Aufschieberitis „heilbar“? Was kann ich tun, um meine Motivation für das Lernen zu steigern? Erste Antworten sowie Tipps & Tricks finden Sie in diesem Blogartikel.
Das Thema Motivation ist ein sehr weites Feld, das jedem von uns mal mehr oder weniger Kopfzerbrechen bereitet. Ist sie da, geht uns alles leicht und mit viel Elan und Schwung von der Hand. Ist sie nicht da, beginnt der innere Kampf zwischen „Ich muss das eigentlich unbedingt erledigen.“ und „Ich schaffe es einfach nicht, anzufangen.“.
Weil das Thema so umfangreich – und auch so wichtig – ist, wird es zwei Blogbeiträge zur Motivation geben. Im ersten Beitrag geht es um eine „gute Freundin/Feindin“, der wir alle hier und da schon einmal begegnet sind und die in den letzten Jahren sehr viel Aufmerksamkeit bekommen hat: die Prokrastination oder Aufschieberitis.
Der Fachbegriff für das Aufschieben (vermeintlich unangenehmer) Dinge heißt Prokrastination, abgeleitet von dem lateinischen Substantiv procrastinatio = Vertagung oder Aufschub. Auch wenn sich Aufschieberitis amüsant anhört, eher wie eine selbst ausgedachte, niedliche Erkrankung, kann sie doch zu einem ernsthaften Problem werden.
Interessant ist, dass wir, wenn wir etwas aufschieben, grundsätzlich schon zur Aktivität bereit sind – im Gegensatz zum Faulsein. Wenn jemand z. B. das Lernen für eine Klausur aufschiebt, kann es durchaus sein, dass stattdessen lieber das Zimmer aufgeräumt wird. In dem Fall wird sozusagen ein kleineres Übel gewählt. Das schlechte Gewissen wird auf diese Weise etwas beruhigt, obwohl wir natürlich ganz genau wissen, was eigentlich Priorität hätte.
Man geht inzwischen davon aus, dass Prokrastination ein erlernter Prozess ist. Das bedeutet, dass grundsätzlich jeder unter mehr oder weniger ausgeprägter Aufschieberitis leiden kann. Es bedeutet aber auch, dass man das Aufschieben auch wieder „verlernen“ kann. Also dass wir gezielt daran arbeiten können, dass wir Dinge nicht mehr auf die lange Bank schieben.
1. Man hat noch viel Zeit und fühlt sich hervorragend bei dem Gedanken, eine Aufgabe jetzt noch nicht erledigen zu müssen. Das Gefühl, noch ewig Zeit zu haben und heute noch nicht beginnen zu müssen, macht geradezu euphorisch. Die Motivation „bald richtig loszulegen“ ist zu diesem Zeitpunkt recht hoch.
2. Jetzt rückt die Phase näher, wo man ganz genau weiß, dass man jetzt eigentlich anfangen müsste, um alles noch in Ruhe und ordentlich erledigen zu können. Die Motivation hat bereits merklich abgenommen und ein leichtes Gefühl von Druck macht sich breit.
3. Man weiß: Heute MUSS ich anfangen, sonst schaffe ich meine Aufgabe nicht mehr rechtzeitig. Wenn ich mich heute nicht aufraffen kann, wird es richtig eng. Die Sorge, es nicht zu schaffen, weicht einem Gefühl von Panik.
4. PANIK! Ich kann es jetzt überhaupt nicht mehr schaffen, rechtzeitig fertig zu werden. Spätestens jetzt ist die Motivation, getrieben durch blankes Entsetzen, riesig und man versucht, zu retten, was noch zu retten ist.
Lernen fällt uns im Grunde immer dann leichter, wenn wir a) mit Spaß lernen, b) wenn wir einen Sinn darin sehen und c) wenn wir uns realistische Ziele setzen.
Sind diese drei Dinge erfüllt, ist unsere Motivation fürs Lernen oft nicht schwer aufzubringen. Was kann ich also bewusst tun, um mich zum Lernen zu motivieren?
Ganz einfach formuliert: Machen Sie sich das Lernen schön. Ich zum Beispiel versuche, öfter einmal draußen zu lernen. Wer sagt denn, dass man unbedingt am Schreibtisch lernen muss? Und wenn man doch lieber am Tisch lernt, sollte man seine Lernumgebung so positiv wie möglich gestalten. Das können Fotos oder Figuren am Arbeitsplatz sein, das Benutzen von Lieblingsstiften, schönen Heften, Büchern oder einfach eine tolle Pflanze. Manche Schülerinnen bzw. Schüler lernen z. B. Vokabeln auch gerne mit einer App oder in einer Lerngruppe gemeinsam mit Freunden.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass im Wort Motivation das Wort Motiv steckt? Fragen Sie sich ganz bewusst: Welches Motiv habe ich, zu lernen? Was bringt es mir? Was sagen andere und motiviert mich das? Je stärker das Motiv, desto größer die Motivation. Ist die Motivation zu gering, brauchen Sie ein neues Motiv. Warum soll ich zum Beispiel Spanisch lernen? Vielleicht, um im nächsten Urlaub eine Bestellung im Restaurant aufzugeben oder die Spanier besser kennenzulernen? Die Möglichkeiten sind vielfältig und es lohnt sich, dafür Zeit zu investieren.
Hierbei steht SMART für S = spezifisch, M = messbar, A = attraktiv, R = realistisch, T = terminiert.
Ziele sollten so spezifisch wie möglich formuliert werden. Was genau möchte ich erreichen? Verzichte dabei auf Verallgemeinerungen, denn alles, was schwammig oder zu unkonkret ist, hilft unserer Motivation nicht – und auch unser Gehirn benötigt möglichst konkrete Informationen, um etwas zu begreifen. Ein gutes Beispiel ist: Heute schreibe ich alle Vokabeln aus Unit 1 auf Lernkarten. Der Vorteil: Wenn wir fertig sind, können wir gedanklich einen Haken dahinter machen und sind auch tatsächlich fertig.
Messbar
Ihr Ziel sollte immer messbar sein. So können Sie feststellen, ob Sie erfolgreich gewesen sind. Und auch, wenn das Ziel nicht erreicht wird, gibt es Ihnen eine wunderbare Orientierung. Beispiel: Ich schreibe heute die Vokabeln aus Unit 2 auf 10 Lernkarten, jeweils 5 Vokabeln auf eine Karte.
Attraktiv
Um die Attraktivität zu steigern, benötigen Sie einen individuellen und für Sie unschlagbar attraktiven Faktor. Hierbei hilft Ihnen die Überlegung nach dem Sinn. Dabei muss es nicht zwingend mit dem Lernen zu tun haben. Eine Motivation kann auch sein, mehr Freizeit zu haben, wenn Sie die Aufgabe erledigt haben. Beispiel: Wenn ich alle Vokabeln aus dieser Unit aufgeschrieben habe, packe ich meine Tasche und fahre ins Freibad.
Realistisch
Das Ziel sollte immer realistisch gewählt werden, sonst kommt schnell Frust auf, wenn man es nicht erreicht. Sich um 3 Noten innerhalb von 2 Wochen zu verbessern ist unrealistisch und somit demotivierend. Es muss machbar sein. Achten Sie dabei darauf, dass es Sie nicht unter- oder überfordert, aber dennoch fordert, um dranzubleiben. Beispiel: Heute schaffe ich es, mir die ersten drei Karten mit Vokabeln einzuprägen. Morgen nehme ich mir dann die nächsten drei vor.
Terminiert
Eine meiner häufigsten Fragen im Coaching ist: „Wann sind Sie fertig mit dem Lernen?“ Die Antwort ist meist dieselbe: „Nie!“ Das ist nicht gerade motivationsfördernd. Eine feste Terminierung hilft nämlich, motiviert dranzubleiben. Fragen Sie sich: Bis wann haben Sie Ihr Ziel erreicht? Das kann ein bestimmtes Datum sein, weil dort eine Klausur ansteht oder ein anderer gewählter Tag. Beispiel: Ich lerne diese Vokabel-Unit bis nächsten Freitag, weil dann der Test ansteht.
Beachten Sie: Sie können Ihr Ziel jederzeit anpassen. Manchmal ist es sogar erforderlich, weil sich etwas verändert hat. Ein weiterer Tipp ist, Ihr Ziel mit anderen zu teilen. Das erhöht ebenfalls die Motivation, dranzubleiben.
Pomodori = italienisch für Tomaten. Der Begriff für diese Technik leitet sich ab von der Form der Eieruhr, die der Erfinder der Technik, ein Italiener namens Francesco Cirillo, für seine in den 80er-Jahren entwickelte Lerntechnik benutzt hat.
Die Pomodoro-Technik hilft dabei, sich nicht von einer Aufgabe ablenken zu lassen und für eine gewisse Zeitspanne motiviert und konzentriert bei der Sache zu bleiben. Im Grunde ist diese Technik ganz einfach:
1. Unterteilen Sie die Gesamtaufgabe in jeweils 25-minütige Arbeitsphasen, in denen Sie wirklich nichts anderes machen, als Ihre Aufgabe zu erledigen. 25 Minuten sind sehr überschaubar und es sollte Ihnen leicht fallen, sich in dieser Zeit nicht von anderen Dingen ablenken zu lassen.
2. Nach 25 Minuten gönnen Sie sich 5 Minuten Zeit, in denen Sie tun und lassen können, was Sie möchten. Diese 5 Minuten dienen nur Ihrer Entspannung – Arbeit ist hier tabu.
3. Nach Ihrer Pause startet die nächste 25-minütige Konzentrationsphase, in der Sie Ihre Aufgabe erledigen. Sollten Sie früher fertig und die 25 Minuten noch nicht vorbei sein, bleiben bitte in der Konzentrationsphase. Sie können z. B. Fehler suchen oder beim Vokabellernen noch einen Sicherheitsdurchgang anhängen.
Der Vorteil dieser Technik: 25 Minuten sind überschaubar und die nächste Pause quasi schon greifbar. Sie werden feststellen, dass Sie in 25 Minuten, in denen Sie konzentriert arbeiten, mehr schaffen als sonst in einer Stunde, in der Sie sich immer wieder ablenken lassen. Sie sind also schneller fertig, arbeiten sorgfältiger und haben auch noch Spaß dabei.
Die Pomodoro-Technik eignet sich vor allem für Aufgaben, auf die man so gar keine Lust hat. Das kann Lernen sein oder auch Putzen oder Aufräumen.
Aber: Wenn Sie eh schon im Flow sind, ist diese Technik eher kontraproduktiv, weil sie Sie ggf. ausbremst. Vielleicht sind Sie so mit Schwung bei der Sache, dass Sie eine 5-minütige Pause rausbringen würde.
Mehr dazu und warum Lernorganisation für die Motivation zum Lernen so wichtig ist, beschreibe ich in meinem zweiten Motivations-Blogartikel.
Es wird darin u. a. um das Flow-Modell gehen, warum das Feiern selbst kleinster Erfolge uns so gut tut und warum wir niemals auf Unterstützung, z. B. in Form von Challenges oder von Freunden, verzichten sollten.
Tipp: In meinen verschiedenen Online-Kursen gebe ich noch viel mehr Tipps und Tricks, wie man die Aufschieberitis in die Schranken weist und wie man ganz gezielt seine Motivation ankurbeln kann. Die Pomodoro-Technik ist nur eine Möglichkeit – es gibt noch viel mehr davon!